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   VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20   

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VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20 (https://dejure.org/2020,33795)
VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 30.10.2020 - VGH O 52/20 (https://dejure.org/2020,33795)
VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 (https://dejure.org/2020,33795)
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Volltextveröffentlichungen (4)

  • openjur.de
  • Justiz Rheinland-Pfalz

    Art 38 Abs 1 S 2 GG, Art 17 Abs 2 Verf RP, Art 79 Abs 2 Verf RP, Art 85a Abs 1 S 1 Verf RP, Art 85a Abs 2 S 1 Verf RP
    Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen an den Ausschluss eines Fraktionsmitglieds - hier: Ausschluss der Antragstellerin aus der Landtagsfraktion der FDP - Antrag im Organstreitverfahren zulässig, aber unbegründet - Vorliegen eines "wichtigen Grundes" auf ...

  • doev.de PDF

    Anforderungen an einen Fraktionsausschluss

  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse (2)

  • lto.de (Kurzinformation)

    Ausschluss aus der FDP-Landtagsfraktion bestätigt

  • kostenlose-urteile.de (Kurzmitteilung)

    VerfGH Koblenz erklärt Fraktionsausschluss der Landtagsabgeordneten Helga Lerch für rechtmäßig - Erfüllung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen und willkürfreier Entschluss bei Fraktionsversammlung für Fraktionsausschluss notwendig

Papierfundstellen

  • NVwZ 2021, 713
  • NVwZ-RR 2021, 191
 
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Wird zitiert von ... (6)Neu Zitiert selbst (31)

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 29.01.2019 - VGH O 18/18

    Zu den Voraussetzungen des Ausschlusses eines Landtagsabgeordneten aus der

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Zu den Anforderungen an einen Fraktionsausschluss (Fortführung von VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425).

    Der gegen eine Fraktion des Landtags gerichtete Antrag einer aus dieser ausgeschlossenen Abgeordneten kann Gegenstand eines Organstreitverfahrens nach Art. 130 Abs. 1 LV, § 2 Nr. 1 a), §§ 23 ff. des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof - VerfGHG - sein (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [368]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432] m.w.N.).

    Die Antragstellerin ist als Abgeordnete des Landtags ein "anderer Beteiligter" im Sinne von Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV; sie ist damit parteifähig und antragsberechtigt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [368]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432]; Jutzi, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 130 Rn. 16; ders., ZParl 50 [2019], 299 [304]; Bier, in: Grimm/Caesar [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 130 Rn. 30).

    Sie organisieren das parlamentarische Geschehen arbeitsteilig und sichern die parlamentarische Funktionsfähigkeit vor allem durch mehrheitsfähige Meinungsbündelung (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 19. August 2002 - VGH O 3/02 -, AS 29, 362 [372 f.]; Urteil vom 11. Oktober 2010 - VGH O 24/10 -, AS 38, 322 [326]; Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [173]; Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [369]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432] m.w.N.).

    In den Parlamentsfraktionen vollzieht sich damit ein erheblicher Teil der Meinungs- und Willensbildung der Abgeordneten und dadurch des Parlaments im Ganzen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432]; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1976 - 2 BvR 802/75 -, BVerfGE 43, 142 [149]).

    Die Bildung und Mitarbeit in einer Fraktion hat daher im parlamentarischen Alltag - nicht zuletzt wegen dieser erweiterten Informations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten - eine gewichtige Bedeutung bei der Ausübung des Abgeordnetenmandats (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432]; VerfGH Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2005 - 53 A/05 -, NVwZ-RR 2005, 753 [754]; Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [433 f.]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]).

    Die Bildung einer Fraktion beruht auf der in Art. 79 Abs. 2 Satz 2, Art. 85a Abs. 1 Satz 1 LV jedem einzelnen Abgeordneten gewährleisteten Ausübung des freien Mandats getroffenen freien Entscheidung, ein innerparlamentarisches Abgeordnetenbündnis zu bilden (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [434] m.w.N.; Jutzi, ZParl 50 [2019], 299 [304]), d.h. sich mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zusammenzuschließen und mit ihnen zusammen zu bleiben (vgl. H.H. Klein, ZParl 35 [2004], 627 [629]).

    Darüber hinaus ergibt sich aus den verfassungsrechtlich geschützten Belangen der Fraktion und ihrer Funktion für einen effektiven Parlamentsbetrieb eine verfassungsrechtliche Grenze für die Rechte der einzelnen Abgeordneten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [434 f.] m.w.N.).

    35 4. Bestehen daher an der grundsätzlichen Berechtigung einer Fraktion, eines ihrer Mitglieder gegen dessen Willen auszuschließen, keine Zweifel (vgl. Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 475; Lenz, NVwZ 2005, 364 [365], jeweils m.w.N.), steht die Entscheidung über den Verlust der Fraktionszugehörigkeit eines Abgeordneten angesichts der zentralen Bedeutung der Fraktionen für die Arbeit und politische Willensbildung des Parlaments sowie für die politischen Einfluss- und parlamentarischen Wirkungsmöglichkeiten des einzelnen Abgeordneten allerdings nicht im Belieben der Fraktion (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [435] m.w.N.).

    Der Fraktionsausschluss setzt daher ein rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügendes Verfahren sowie einen willkürfreien Entschluss der Fraktionsversammlung voraus (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [435 f.] m.w.N.).

    Insoweit unterliegt das Verfahren rechtsstaatlichen Mindestanforderungen betreffend die Mitteilung des Ausschlussantrags und der geltend gemachten Gründe, eine angemessene Vorbereitungszeit für die Beteiligten, die Einberufung der Fraktionsversammlung, die Abstimmung und die erforderliche Mehrheit bei der Beschlussfassung (bb) (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [436 f.] m.w.N.).

    Eine solche stellt der Fraktionsausschluss als Entscheidung von erheblichem Gewicht für den parlamentarischen Wirkungskreis des Abgeordneten dar, die zudem sämtliche Fraktionsmitglieder in ihrer Kooperationskompetenz als Bestandteil des freien Mandats berührt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [437] m.w.N.).

    Für alle Beteiligten bedarf es daher insbesondere einer ausreichenden Kenntnis der Gründe, auf die sich der Antrag auf Fraktionsausschluss stützt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [437 f.]).

    Für die Ankündigung und Vorbereitung der Fraktionsversammlung ist neben einer rechtzeitigen Ladung zu dieser auch die Ankündigung eines entsprechenden konkreten Tagesordnungspunktes erforderlich (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [472 f.]; T.I. Schmidt, DÖV 2003, 846 [848]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [367]).

    Ob dieses Quorum auch verfassungsrechtlich geboten ist oder ob, wofür einiges spricht, auch eine einfache Mehrheit ausreichend sein kann (so auch Morlok, JZ 2019, 790 f.), ist vorliegend nicht entscheidungserheblich und kann daher offen bleiben (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]).

    Soweit eine geheime Abstimmung in Anwesenheit und unter Beteiligung des betroffenen Abgeordneten erfolgt, genügt ein solches Verfahren - ungeachtet der Frage der verfassungsrechtlichen Gebotenheit insbesondere einer geheimen Abstimmung - ebenfalls den prozeduralen Anforderungen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]; T.I. Schmidt, DÖV 2003, 846 [848 f.]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [367 f.]).

    Ist der Ausschluss von der Fraktionsversammlung derart beschlossen worden, wird dieser mit der Beschlussfassung unmittelbar wirksam, ohne dass es noch - konstitutiv - einer schriftlichen Bekanntgabe an den Betroffenen bedarf (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [368]).

    43 cc) Die sich in diesem Sinne als rechtsstaatliche Mindestanforderungen ergebenden formellen Voraussetzungen eines Fraktionsausschlusses sind - mangels Wertungsbedürftigkeit - der uneingeschränkten verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [472]; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 480; Lenz, NVwZ 2005, 364 [366, 370]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]).

    Maßgeblich für die verfassungsgerichtliche Überprüfung des Vorliegens eines den Fraktionsausschluss rechtfertigenden "wichtigen Grundes" ist dabei die Sachlage, über welche die Fraktion bei der Beschlussfassung über den Ausschluss zu befinden hatte (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439]; VerfGH Berlin, Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Die Kollision dieser verfassungsrechtlichen Positionen im Wege einer Auflösung im Einzelfall erfordert damit im Wesentlichen eine Abwägung innerhalb von Art. 79 Abs. 2 Satz 2, Art. 85a Abs. 1 Satz 1 LV selbst (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439 f.]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]; vgl. zu Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG Lenz, NVwZ 2005, 364 [365 f.]; Brocker, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 229 [Sept. 2019]).

    Damit geht auch eine Gefährdung des parlamentarischen Willensbildungsprozesses und der parlamentarischen Funktionsfähigkeit insgesamt einher, weil eine Meinungsbündelung in der Fraktion nicht mehr gewährleistet ist (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [369 f.]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [440] m.w.N.; Morlok, JZ 2019, 790 [791 f.]).

    Erhält das Erscheinungsbild der Fraktion damit den Rang eines schützenswerten Gutes (vgl. Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [635]), kann auch die Öffentlichkeitswirkung der Fraktion einen erheblichen Gesichtspunkt für die Entscheidung über einen Fraktionsausschluss darstellen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [441]).

    In diesem Sinne ist bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten eines Fraktionsmitglieds einen seinen Ausschluss rechtfertigenden "wichtigen Grund" darstellt, zu berücksichtigen, dass der Fraktion wegen der ihr durch Art. 79 Abs. 2 Satz 2, Art. 85a Abs. 1 Satz 1 LV vermittelten Befugnis zur selbständigen und alleinigen Regelung ihrer inneren Angelegenheiten (Fraktionsautonomie) in der Einschätzung der Wirkung und in der wertenden Beurteilung des Verhaltens der Abgeordneten ein weiter Spielraum zuzugestehen ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [441 f.] m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86]).

    Die Fraktionsautonomie beansprucht nicht nur gegenüber Dritten Geltung, sondern ist als "innere Fraktionsautonomie" auch innerhalb des Parlaments und innerhalb der Fraktion selbst zu beachten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; Grzeszick, NVwZ 2017, 985 [990]; Brocker, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 222 [Sept. 2019]).

    Bei der Einschätzung der Auswirkungen von Verhaltensweisen eines Abgeordneten auf die Gremienarbeit und der Beurteilung, ob ein Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört ist, dass eine Zusammenarbeit in der Fraktion nicht mehr zumutbar erscheint, spielen zudem auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke eine nicht unerhebliche Rolle (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444 f.] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Für solche insgesamt stark wertungsgebundene Einschätzungen sind allein die Fraktionsmitglieder zuständig; eine gerichtliche Kontrolle der Ausschlussentscheidung der Fraktion hat daher die fraktionseigenen Wertungen zu achten und ihr einen erheblichen Entscheidungsspielraum zu belassen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [644 f.]; A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 185 m. Fn. 780; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [332] zur Immunitätsaufhebung sowie allgemein Risse, JZ 2018, 71 [77]).

    Es ist nicht Sache des Verfassungsgerichtshofs, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen politischen und sonstigen, an innerfraktionellen Maßstäben ausgerichteten, Wertungen der Fraktion zu setzen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Die politische Opportunität der getroffenen Maßnahme ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie der Fraktion daher nicht zu prüfen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86] zur Mittelverwendung).

    Es kommt dabei nicht darauf an, ob der vom Ausschluss betroffene Abgeordnete der Fraktion bewusst und gezielt geschadet hat; die Schuldfrage ist daher irrelevant (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; H.H. Klein, ZParl 35 [2004], 627 [631 f.]; ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 252 [August 2018]; Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [642]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [368]).

    Dies mag das betroffene Fraktionsmitglied im Einzelfall zwar hart treffen; ein Abgeordneter steht mit seinem Handeln jedoch gleichsam unter "öffentlicher Dauerbeobachtung", so dass es insoweit zumutbar ist, bereits für die rein objektive Wirkung seines Verhaltens einstehen zu müssen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; vgl. bereits Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [635 f., 642 f.]: "reine Erfolgshaftung" bzw. "Gefährdungshaftung"; vgl. auch Morlok, JZ 2019, 790 [792]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]).

    50 ff) Während die Einhaltung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Verfahrensanforderungen gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar ist, hat sich die Prüfung eines "wichtigen Grundes" nach alledem daher auf eine Willkürkontrolle zu beschränken (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443] m.w.N.).

    Als letztlich politische Entscheidung ist der Fraktionsausschluss verfassungsgerichtlich nicht daraufhin zu überprüfen, ob er vertretbar ist, sondern im Rahmen der Willkürkontrolle allein darauf, ob das Statusrecht des betroffenen Abgeordneten in grundlegender Weise evident verkannt wurde (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [332 f.] zur Immunitätsaufhebung sowie A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 185 m. Fn. 780).

    Das Willkürverbot ist dabei dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die Entscheidung nicht finden lässt, sondern vielmehr evident sachfremd entschieden wurde (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]; vgl. betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [132]; vgl. auch Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [645]: "Extremfälle offensichtlicher Willkür"; siehe allgemein zum Willkürverbot BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1951 - 1 BvR 201/51 -, BVerfGE 1, 14 [52]; Beschluss vom 17. Oktober 1990 - 1 BvR 283/85 -, BVerfGE 83, 1 [23]; Beschluss vom 5. Oktober 1993 - 1 BvL 34/81 -, BVerfGE 89, 132 [141]).

    Eine solche Bewertung bewegt sich außerhalb eines rechtlich exakt fassbaren Bereichs (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [444 f.]; vgl. auch zustimmend Jutzi, ZParl 50 [2019], 299 [305]; Morlok, JZ 2019, 790 [792]; offengelassen von LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]).

    Dies wird jedenfalls insoweit zu gelten haben, als die angeführten Ausschlussgründe ihren Ausgangspunkt in einem feststehenden Tatsachenkern finden und die Frage des erforderlichen Grades des Erwiesenseins im Einzelnen bereits in den Bereich der fraktionsinternen Wertungen hineinreicht und damit lediglich einer Evidenzkontrolle zugänglich sein kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445]; vgl. entspr. auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [333] zur Immunitätsaufhebung).

    Insbesondere die Bewertung, ob und bei welcher Tatsachendichte bereits eine Störung des Vertrauensverhältnisses innerhalb der Fraktion oder ein Schaden für ihre Öffentlichkeitsdarstellung vorliegt, hängt bereits von fraktionsinternen Vorstellungen und Wertungen ab (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445]).

    Damit geht einher, dass es nicht dem Verfassungsgerichtshof obliegt, die damalige tatsächliche Entscheidungsgrundlage nachträglich im gerichtlichen Verfahren mit - der Fraktion selbst nicht möglichen oder nicht zustehenden - Sachverhaltsermittlungsmaßnahmen (weiter bzw. "besser") aufzuklären (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445]; Morlok, JZ 2019, 790 [792]).

    Dies gilt zumindest in dem Maße, wie die Fraktion nicht von evident unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist, insbesondere etwa weil der betroffene Abgeordnete im Ausschlussverfahren ihren tatsächlichen Annahmen nicht in substantiierter Weise entgegen getreten ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445] m.w.N.).

    Grundsätzlich verbietet sich angesichts des dem Fraktionsausschluss zugrundeliegenden Spannungsfelds zwischen dem Interesse der Fraktion an der Sicherung der Handlungs- und Wirkfähigkeit und den Zugehörigkeits- und Mitwirkungsinteressen des betroffenen Abgeordneten eine darüber hinaus gehende gerichtliche (Voll-)Kontrolle (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [446]; a.A. - volle Überprüfung, ob die Fraktion von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist - Lenz, NVwZ 2005, 364 [370]).

    Zwar bedeutet der Fraktionsausschluss für den Abgeordneten eine nicht unerhebliche Beschränkung seiner parlamentarischen Wirkungsmöglichkeiten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [371]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445] jeweils m.w.N.); diese ist dem Ausschluss aus der Fraktion jedoch immanent und ihr ist im Rahmen der Auflösung des zwischen Fraktions- und Abgeordneteninteressen bestehenden Interessenkonflikts Rechnung zu tragen, ohne dass letzteren jedoch ein Vorrang gebührte.

    Der einzelne Abgeordnete hat insbesondere auch keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen der Entscheidung über seinen Ausschluss eine Abwägung stattfindet, die seine Interessen gegenüber denjenigen der Fraktion in den Vordergrund rückt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [446] m.w.N.).

    Dafür ist es erforderlich, dass die Ausschlussgründe so detailliert und substantiiert erkennbar sind, dass der Betroffene wirksam dazu Stellung nehmen kann und die übrigen Fraktionsmitglieder die Gründe und das Vorbringen des Betroffenen zur Grundlage einer verantwortlichen Entscheidung machen können (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [447]).

    Zudem hätte es ihr - hätte sie sich noch äußern wollen - oblegen, darauf in den Sitzungen hinzuweisen und dies notfalls einzufordern (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [450]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [473]).

    Es ist vielmehr ausreichend, aber auch allein erforderlich, dass die Fraktionsmitglieder die Möglichkeit haben, die Stellungnahme des Betroffenen ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [437] m.w.N.).

    Durch die Beschlussfassung über den Antrag auf Ausschließung der Antragstellerin aus der Fraktion und den Inhalt der unter Beteiligung der Antragstellerin geführten - und protokollierten - Diskussion hierüber hat die Antragsgegnerin vielmehr hinlänglich zu verstehen gegeben, welche Begründung und damit welche Sachlage sie ihrem Beschluss zu Grunde legt, die damit im Sinne eines Gesamtbildes (vgl. Morlok, JZ 2019, 790 [792]) auch den maßgeblichen Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung darstellt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439 u. 447] m.w.N.).

    Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass der Ausschluss mit der Beschlussfassung unmittelbar wirksam wird, ohne dass es noch einer Bekanntgabe an den Betroffenen bedarf (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [368]).

    Die unabhängig davon verfahrensmäßig gebotene Bekanntgabe kann wie vorliegend in mündlicher Form erfolgen, zumal wenn der betroffene Abgeordnete - wie hier die Antragstellerin - in der Sitzung anwesend ist (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [450]; T.I. Schmidt, DÖV 2003, 846 [849]).

    Zum anderen hatte sie jedenfalls aus dem Ausschließungsantrag in Zusammenschau mit den begleitenden Umständen und der Diskussion in den Sitzungen am 11. und am 20. Februar 2020 hinreichende Kenntnis über die Entscheidung und ihre Gründe (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [450]).

    Eine nachträgliche Aufklärung - sollten für eine solche überhaupt Ansatzpunkte bestehen - durch den Verfassungsgerichtshof scheidet wie oben ausgeführt aus; gleichsam kann der Verfassungsgerichtshof keine "bessere" Beweiswürdigung an Stelle der Fraktion vornehmen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [453]).

    In diesem Rahmen bedurfte es daher keiner tatsächlichen Aufklärung - insbesondere keiner Beweiserhebung - seitens des Verfassungsgerichtshofs (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [453] m.w.N.).

    91 Darüber hinaus ist es nicht Sache des Verfassungsgerichtshofs, seine eigene Bewertung an die von politischen und sonstigen innerfraktionellen Maßstäben geprägte Wertung der Antragsgegnerin zu setzen (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442] m.w.N.).

    Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums in willkürfreier Weise einen "wichtigen Grund" für einen Fraktionsausschluss bejaht hat, ist die Frage nach einem milderen Mittel bereits dorthin vorverlagert (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [455]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [475]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [369]).

    In diesem Sinne ist es jedenfalls angesichts der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Annahme, den Fraktionsmitgliedern könne die weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin wegen des zerstörten Vertrauensverhältnisses nicht mehr zugemutet werden, nicht zu beanstanden, darüber hinaus für ein milderes Mittel kein Raum mehr zu sehen (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [455]).

    Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG - (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 20. August 2014 - VGH B 16/14 -, AS 43, 45 f.; Beschluss vom 20. Oktober 2014 - VGH A 17/14 -, AS 43, 92 f.; Beschluss vom 25. November 2016 - VGH N 18/14 -, n.v.; Beschluss vom 27. Oktober 2017 - VGH N 2/15 -, juris Rn. 3; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [456]).

  • VerfGH Berlin, 22.11.2005 - VerfGH 53/05

    Verfassungsmäßiger Ausschluss eines Abgeordneten aus der FDP-Fraktion

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Die Bildung und Mitarbeit in einer Fraktion hat daher im parlamentarischen Alltag - nicht zuletzt wegen dieser erweiterten Informations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten - eine gewichtige Bedeutung bei der Ausübung des Abgeordnetenmandats (VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432]; VerfGH Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2005 - 53 A/05 -, NVwZ-RR 2005, 753 [754]; Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [433 f.]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]).

    38 bb) Hinsichtlich der im Ausschlussverfahren einzuhaltenden prozeduralen Gewährleistungen ist insbesondere dem betroffenen Abgeordneten zum Schutz seiner parlamentarischen Rechte hinreichend Gelegenheit einzuräumen, zum beabsichtigten Ausschluss wirksam Stellung nehmen zu können (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [766]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [367]).

    In notwendiger Ergänzung dazu müssen die Fraktionsmitglieder die Möglichkeit haben, die Stellungnahme des Abgeordneten ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [766]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443]).

    Ganz überwiegend wird insoweit das Vorliegen eines qualifizierten - "(besonders) wichtigen" - Grundes verlangt (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [768]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443] und Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1288 f.]; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 38 Rn. 92 [Okt.

    46 bb) Ein in diesem Sinne "wichtiger Grund" für einen Fraktionsausschluss kann insbesondere dann angenommen werden, wenn das für eine sinnvolle Meinungsbildung und Arbeit der Fraktion erforderliche Mindestmaß an prinzipieller politischer Übereinstimmung fehlt oder wenn das Fraktionsmitglied das Vertrauensverhältnis so nachhaltig gestört hat, dass den anderen Fraktionsmitgliedern die weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444]; Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    cc) Darüber hinaus kann ein "wichtiger Grund" darin bestehen, dass ein Fraktionsmitglied durch sein Verhalten das Ansehen der Fraktion in der Öffentlichkeit nachhaltig schädigt und die Außenwirkung der Fraktion und deren Wirkungsmöglichkeiten damit beeinträchtigt (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2005 - 53 A/05 -, NVwZ-RR 2005, 753 [754]; Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444]).

    Bei der Einschätzung der Auswirkungen von Verhaltensweisen eines Abgeordneten auf die Gremienarbeit und der Beurteilung, ob ein Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört ist, dass eine Zusammenarbeit in der Fraktion nicht mehr zumutbar erscheint, spielen zudem auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke eine nicht unerhebliche Rolle (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444 f.] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Es ist nicht Sache des Verfassungsgerichtshofs, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen politischen und sonstigen, an innerfraktionellen Maßstäben ausgerichteten, Wertungen der Fraktion zu setzen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    gg) Zwar setzt eine willkürfreie Entscheidung der Fraktion in materieller Hinsicht grundsätzlich voraus, dass die Fraktionsmitglieder ihr die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu Grunde gelegt haben und von einem möglichst vollständig aufgeklärten Sachverhalt ausgehen konnten (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [768]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [370]).

    Das danach erforderliche Vertrauensverhältnis bezieht sich auf den Abgeordneten als Person; Störungen können daher nicht nur aus der parlamentarischen Arbeit, sondern auch aus einem persönlichen Verhalten - auch außerhalb der Fraktion - folgen (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [368]).

  • VG der Evangelischen Landeskirche in Baden, 25.07.2019 - 1/19
    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Für die Ankündigung und Vorbereitung der Fraktionsversammlung ist neben einer rechtzeitigen Ladung zu dieser auch die Ankündigung eines entsprechenden konkreten Tagesordnungspunktes erforderlich (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [438]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [472 f.]; T.I. Schmidt, DÖV 2003, 846 [848]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [367]).

    43 cc) Die sich in diesem Sinne als rechtsstaatliche Mindestanforderungen ergebenden formellen Voraussetzungen eines Fraktionsausschlusses sind - mangels Wertungsbedürftigkeit - der uneingeschränkten verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [472]; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 480; Lenz, NVwZ 2005, 364 [366, 370]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]).

    Die Kollision dieser verfassungsrechtlichen Positionen im Wege einer Auflösung im Einzelfall erfordert damit im Wesentlichen eine Abwägung innerhalb von Art. 79 Abs. 2 Satz 2, Art. 85a Abs. 1 Satz 1 LV selbst (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439 f.]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]; vgl. zu Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG Lenz, NVwZ 2005, 364 [365 f.]; Brocker, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 229 [Sept. 2019]).

    Dies mag das betroffene Fraktionsmitglied im Einzelfall zwar hart treffen; ein Abgeordneter steht mit seinem Handeln jedoch gleichsam unter "öffentlicher Dauerbeobachtung", so dass es insoweit zumutbar ist, bereits für die rein objektive Wirkung seines Verhaltens einstehen zu müssen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; vgl. bereits Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [635 f., 642 f.]: "reine Erfolgshaftung" bzw. "Gefährdungshaftung"; vgl. auch Morlok, JZ 2019, 790 [792]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]).

    Das Willkürverbot ist dabei dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die Entscheidung nicht finden lässt, sondern vielmehr evident sachfremd entschieden wurde (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]; vgl. betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [132]; vgl. auch Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [645]: "Extremfälle offensichtlicher Willkür"; siehe allgemein zum Willkürverbot BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1951 - 1 BvR 201/51 -, BVerfGE 1, 14 [52]; Beschluss vom 17. Oktober 1990 - 1 BvR 283/85 -, BVerfGE 83, 1 [23]; Beschluss vom 5. Oktober 1993 - 1 BvL 34/81 -, BVerfGE 89, 132 [141]).

    Eine solche Bewertung bewegt sich außerhalb eines rechtlich exakt fassbaren Bereichs (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [444 f.]; vgl. auch zustimmend Jutzi, ZParl 50 [2019], 299 [305]; Morlok, JZ 2019, 790 [792]; offengelassen von LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]).

    Zudem hätte es ihr - hätte sie sich noch äußern wollen - oblegen, darauf in den Sitzungen hinzuweisen und dies notfalls einzufordern (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [450]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [473]).

    Einer weitergehenden Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "wichtigen Grundes" in der Satzung bedarf es nicht (vgl. Morlok, JZ 2019, 790 [792]; vgl. im Ergebnis auch LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]).

    Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums in willkürfreier Weise einen "wichtigen Grund" für einen Fraktionsausschluss bejaht hat, ist die Frage nach einem milderen Mittel bereits dorthin vorverlagert (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [455]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [475]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [369]).

  • VerfGH Berlin, 04.07.2018 - VerfGH 130/17

    Organstreitverfahren des Abgeordneten Andreas Wild erfolglos - Ausschluss aus der

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Ganz überwiegend wird insoweit das Vorliegen eines qualifizierten - "(besonders) wichtigen" - Grundes verlangt (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [768]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443] und Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1288 f.]; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 38 Rn. 92 [Okt.

    Maßgeblich für die verfassungsgerichtliche Überprüfung des Vorliegens eines den Fraktionsausschluss rechtfertigenden "wichtigen Grundes" ist dabei die Sachlage, über welche die Fraktion bei der Beschlussfassung über den Ausschluss zu befinden hatte (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439]; VerfGH Berlin, Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    46 bb) Ein in diesem Sinne "wichtiger Grund" für einen Fraktionsausschluss kann insbesondere dann angenommen werden, wenn das für eine sinnvolle Meinungsbildung und Arbeit der Fraktion erforderliche Mindestmaß an prinzipieller politischer Übereinstimmung fehlt oder wenn das Fraktionsmitglied das Vertrauensverhältnis so nachhaltig gestört hat, dass den anderen Fraktionsmitgliedern die weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444]; Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Bei der Einschätzung der Auswirkungen von Verhaltensweisen eines Abgeordneten auf die Gremienarbeit und der Beurteilung, ob ein Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört ist, dass eine Zusammenarbeit in der Fraktion nicht mehr zumutbar erscheint, spielen zudem auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke eine nicht unerhebliche Rolle (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [444 f.] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Es ist nicht Sache des Verfassungsgerichtshofs, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen politischen und sonstigen, an innerfraktionellen Maßstäben ausgerichteten, Wertungen der Fraktion zu setzen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445] und vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

    Zudem ist zu berücksichtigen, dass für die verfassungsgerichtliche Überprüfung des Vorliegens eines "wichtigen Grundes" die Sachlage maßgeblich ist, über welche die Fraktion bei ihrer Beschlussfassung über den Fraktionsausschluss zu befinden hatte (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1289]).

  • LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, 27.05.2003 - LVerfG 10/02

    Fraktionsausschluss

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Die freie Mandatsausübung berechtigt ebenso grundsätzlich dazu, das Zusammenwirken mit einzelnen Abgeordneten abzulehnen, sie bereits nicht in die Fraktion aufzunehmen oder auch aus ihr wieder auszuschließen (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [767]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [365]), d.h. die Fraktionsmitgliedschaft einseitig und insbesondere gegen den Willen des betroffenen Abgeordneten zu entziehen (vgl. Brocker/Perne, LKRZ 2011, 161 [165]).

    Die jedem Abgeordneten verfassungsrechtlich zustehende "Chance auf Fraktionszugehörigkeit" (LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [767]; Brocker/Perne, LKRZ 2011, 161 [165]; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1976 - 2 BvR 802/75 -, BVerfGE 43, 142 [149]) und der Status des Abgeordneten erfordern vielmehr Begrenzungen.

    38 bb) Hinsichtlich der im Ausschlussverfahren einzuhaltenden prozeduralen Gewährleistungen ist insbesondere dem betroffenen Abgeordneten zum Schutz seiner parlamentarischen Rechte hinreichend Gelegenheit einzuräumen, zum beabsichtigten Ausschluss wirksam Stellung nehmen zu können (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [766]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [367]).

    In notwendiger Ergänzung dazu müssen die Fraktionsmitglieder die Möglichkeit haben, die Stellungnahme des Abgeordneten ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [766]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443]).

    Ganz überwiegend wird insoweit das Vorliegen eines qualifizierten - "(besonders) wichtigen" - Grundes verlangt (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [768]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [443] und Urteil vom 4. Juli 2018 - 130/17 -, DVBl. 2018, 1287 [1288 f.]; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 38 Rn. 92 [Okt.

    gg) Zwar setzt eine willkürfreie Entscheidung der Fraktion in materieller Hinsicht grundsätzlich voraus, dass die Fraktionsmitglieder ihr die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu Grunde gelegt haben und von einem möglichst vollständig aufgeklärten Sachverhalt ausgehen konnten (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 27. Mai 2003 - 10/02 -, DÖV 2003, 765 [768]; VerfGH Berlin, Urteil vom 22. November 2005 - 53/05 -, NVwZ-RR 2006, 441 [445]; Lenz, NVwZ 2005, 364 [370]).

  • VerfGH Baden-Württemberg, 27.10.2017 - 1 GR 35/17

    Fraktionsvorschläge zur Abwahl eines Abgeordneten aus Untersuchungsausschuss und

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Der Betroffene muss sich zu dem auf seinen Ausschluss gerichteten Antrag äußern können und seine Äußerung muss den Fraktionsmitgliedern vor ihrer Entscheidung so bekannt gemacht sein, dass sie diese berücksichtigen können (vgl. betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [132]).

    Die Solidaritäts- und Loyalitätserwartung der Fraktion geht einher mit den dem Abgeordneten über die Fraktionszugehörigkeit vermittelten erweiterten Wirkungsmöglichkeiten in der parlamentarischen Arbeit (vgl. betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [130]).

    Unter Wettbewerbsgesichtspunkten ist es daher ein legitimes Anliegen und Bedürfnis der Fraktion, in der öffentlichen Darstellung ein einheitliches Erscheinungsbild zu bieten und auf ein geschlossenes, glaubwürdiges und wirkungsmächtiges Auftreten der Fraktion in Parlament und Öffentlichkeit hinzuwirken (vgl. Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [635]; H.H. Klein, ZParl 35 [2004], 627 [629]; siehe auch betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [130]).

    Das Willkürverbot ist dabei dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die Entscheidung nicht finden lässt, sondern vielmehr evident sachfremd entschieden wurde (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [474]; vgl. betreffend die Abwahl aus einem Ausschuss VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129 [132]; vgl. auch Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [645]: "Extremfälle offensichtlicher Willkür"; siehe allgemein zum Willkürverbot BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1951 - 1 BvR 201/51 -, BVerfGE 1, 14 [52]; Beschluss vom 17. Oktober 1990 - 1 BvR 283/85 -, BVerfGE 83, 1 [23]; Beschluss vom 5. Oktober 1993 - 1 BvL 34/81 -, BVerfGE 89, 132 [141]).

    Ausgehend von diesen - wie ausgeführt zum Teil bereits isoliert die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlusts rechtfertigenden - Gesichtspunkten unterliegt die Bewertung der "Gesamtschau" des Verhaltens der Antragstellerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, ohne dass es für die hier zu treffende Prüfung noch im Einzelnen auf das Verhalten in der Plenarsitzung am 13. November 2019 (keine Beifallsbekundung) und der verfassungsrechtlichen Bewertung einer darauf bezogenen "Vorwerfbarkeit" im Hinblick auf die Grenzziehung zwischen Fraktionsdisziplin und Fraktionszwang ankommt (vgl. zur Androhung des Fraktionsausschlusses bei einer nicht völlig mit der von der Fraktion vertretenen Auffassung übereinstimmenden Rede etwa BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1959 - 2 BvE 2/58, 2 BvE 3/58 -, BVerfGE 10, 4 [15]; siehe auch VerfGH BW, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 1 GR 35/17 -, NVwZ-RR 2018, 129, [131]).

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 05.11.2018 - VGH A 19/18

    Ablehnung eines Antrags auf Erlasses einer eA im Organstreitverfahren, gerichtet

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Der gegen eine Fraktion des Landtags gerichtete Antrag einer aus dieser ausgeschlossenen Abgeordneten kann Gegenstand eines Organstreitverfahrens nach Art. 130 Abs. 1 LV, § 2 Nr. 1 a), §§ 23 ff. des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof - VerfGHG - sein (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [368]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432] m.w.N.).

    Die Antragstellerin ist als Abgeordnete des Landtags ein "anderer Beteiligter" im Sinne von Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV; sie ist damit parteifähig und antragsberechtigt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [368]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432]; Jutzi, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 130 Rn. 16; ders., ZParl 50 [2019], 299 [304]; Bier, in: Grimm/Caesar [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 130 Rn. 30).

    Sie organisieren das parlamentarische Geschehen arbeitsteilig und sichern die parlamentarische Funktionsfähigkeit vor allem durch mehrheitsfähige Meinungsbündelung (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 19. August 2002 - VGH O 3/02 -, AS 29, 362 [372 f.]; Urteil vom 11. Oktober 2010 - VGH O 24/10 -, AS 38, 322 [326]; Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [173]; Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [369]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [432] m.w.N.).

    Damit geht auch eine Gefährdung des parlamentarischen Willensbildungsprozesses und der parlamentarischen Funktionsfähigkeit insgesamt einher, weil eine Meinungsbündelung in der Fraktion nicht mehr gewährleistet ist (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [369 f.]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [440] m.w.N.; Morlok, JZ 2019, 790 [791 f.]).

    Zwar bedeutet der Fraktionsausschluss für den Abgeordneten eine nicht unerhebliche Beschränkung seiner parlamentarischen Wirkungsmöglichkeiten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 5. November 2018 - VGH A 19/18 -, AS 46, 365 [371]; Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445] jeweils m.w.N.); diese ist dem Ausschluss aus der Fraktion jedoch immanent und ihr ist im Rahmen der Auflösung des zwischen Fraktions- und Abgeordneteninteressen bestehenden Interessenkonflikts Rechnung zu tragen, ohne dass letzteren jedoch ein Vorrang gebührte.

  • VerfG Brandenburg, 16.10.2003 - VfGBbg 4/03

    Versagung der Auslagenerstattung bei Einstellung eines Organstreitverfahrens -

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    43 cc) Die sich in diesem Sinne als rechtsstaatliche Mindestanforderungen ergebenden formellen Voraussetzungen eines Fraktionsausschlusses sind - mangels Wertungsbedürftigkeit - der uneingeschränkten verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [439]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]; LVerfG SH, Urteil vom 29. August 2019 - 1/19 -, NordÖR 2019, 467 [472]; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 480; Lenz, NVwZ 2005, 364 [366, 370]; Morlok, JZ 2019, 790 [791]).

    Denn inwieweit ein Verhalten in der Gesamtschau (vgl. VerfG Brandenburg, Beschluss vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]; Morlok, JZ 2019, 790 [792]) das für eine wirkungsvolle Fraktionsarbeit erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört hat, kann genauso wie der Umstand, ob es der Fraktion in der Öffentlichkeit einen Schaden zugefügt hat, ausschließlich an politischen und sonstigen innerfraktionellen Maßstäben gemessen werden.

    Nicht jedes Abweichen von der Fraktionslinie wird bereits zu einem Vertrauensverlust führen und die Fraktion muss bis zu einem gewissen Grade auch eine "innerfraktionelle Opposition" und interne Meinungsverschiedenheiten aushalten können (vgl. H.H. Klein, ZParl 35 [2004], 627 [631]; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]).

    Dies gilt in Fällen wie dem vorliegenden, bei dem es neben rein politischen Implikationen ganz maßgeblich und vor allem auf persönliche Erfahrungen und Eindrücke der Beteiligten ankommt, in besonderem Maße (vgl. VerfG Brandenburg, Beschluss vom 16. Oktober 2003 - 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 161 [162]).

  • BVerfG, 17.12.2001 - 2 BvE 2/00

    Pofalla II

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    Zudem vermittelt auch das Statusrecht des Abgeordneten aus Art. 79 Abs. 2 Satz 2 LV selbst angesichts der mit der Fraktionszugehörigkeit verbundenen besonderen Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeiten einen Mindestbestand an prozeduralen Garantien (vgl. zu Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG Brocker, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 230 [Sept. 2019]; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [332 ff.] zum Immunitätsrecht).

    Für solche insgesamt stark wertungsgebundene Einschätzungen sind allein die Fraktionsmitglieder zuständig; eine gerichtliche Kontrolle der Ausschlussentscheidung der Fraktion hat daher die fraktionseigenen Wertungen zu achten und ihr einen erheblichen Entscheidungsspielraum zu belassen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; Morlok, ZParl 35 [2004], 633 [644 f.]; A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 185 m. Fn. 780; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [332] zur Immunitätsaufhebung sowie allgemein Risse, JZ 2018, 71 [77]).

    Als letztlich politische Entscheidung ist der Fraktionsausschluss verfassungsgerichtlich nicht daraufhin zu überprüfen, ob er vertretbar ist, sondern im Rahmen der Willkürkontrolle allein darauf, ob das Statusrecht des betroffenen Abgeordneten in grundlegender Weise evident verkannt wurde (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [443]; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [332 f.] zur Immunitätsaufhebung sowie A. Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion, 2011, S. 185 m. Fn. 780).

    Dies wird jedenfalls insoweit zu gelten haben, als die angeführten Ausschlussgründe ihren Ausgangspunkt in einem feststehenden Tatsachenkern finden und die Frage des erforderlichen Grades des Erwiesenseins im Einzelnen bereits in den Bereich der fraktionsinternen Wertungen hineinreicht und damit lediglich einer Evidenzkontrolle zugänglich sein kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [445]; vgl. entspr. auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2001 - 2 BvE 2/00 -, BVerfGE 104, 310 [333] zur Immunitätsaufhebung).

  • BVerfG, 15.07.2015 - 2 BvE 4/12

    Unzulässige Organklage gegen die Mittelzuweisung an Fraktionen, politische

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 30.10.2020 - VGH O 52/20
    In diesem Sinne ist bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten eines Fraktionsmitglieds einen seinen Ausschluss rechtfertigenden "wichtigen Grund" darstellt, zu berücksichtigen, dass der Fraktion wegen der ihr durch Art. 79 Abs. 2 Satz 2, Art. 85a Abs. 1 Satz 1 LV vermittelten Befugnis zur selbständigen und alleinigen Regelung ihrer inneren Angelegenheiten (Fraktionsautonomie) in der Einschätzung der Wirkung und in der wertenden Beurteilung des Verhaltens der Abgeordneten ein weiter Spielraum zuzugestehen ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [441 f.] m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86]).

    Die politische Opportunität der getroffenen Maßnahme ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie der Fraktion daher nicht zu prüfen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86] zur Mittelverwendung).

  • BVerfG, 14.07.1959 - 2 BvE 2/58

    Redezeit

  • OVG Saarland, 20.04.2012 - 2 B 105/12

    Ausschluss aus einer Gemeinderatsfraktion

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 19.08.2002 - VGH O 3/02

    Teilweise begründete Organklage: Verletzung der Mitwirkungspflicht des Landtags

  • VerfGH Berlin, 26.05.2005 - VerfGH 53 A/05

    Ablehnung des Erlasses einer eA gegen Ausschluss aus der FDP-Fraktion des

  • BVerfG, 14.12.1976 - 2 BvR 802/75

    Verfassungsbeschwerde einer Parlamentsfraktion

  • BVerfG, 02.03.1977 - 2 BvE 1/76

    Öffentlichkeitsarbeit

  • BVerfG, 23.10.1951 - 2 BvG 1/51

    Südweststaat

  • BVerfG, 18.12.1984 - 2 BvE 13/83

    Atomwaffenstationierung

  • BVerfG, 17.10.1990 - 1 BvR 283/85

    Verfassungsmäßigkeit der anwaltlichen Gebührenbegrenzung in sozialrechtlichen

  • BVerfG, 11.12.2018 - 2 BvE 1/18

    Das Organstreitverfahren eröffnet nicht die Möglichkeit einer objektiven

  • BVerfG, 08.12.2004 - 2 BvE 3/02

    Vermittlungsausschuss

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 13.06.2014 - VGH N 14/14

    Vorschriften über Angaben zur Geschlechterparität auf dem Stimmzettel der

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 08.06.2015 - VGH N 18/14

    Kommunale Gebietsreform: Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer

  • BVerfG, 05.10.1993 - 1 BvL 34/81

    Verfassungsmäßigkeit von § 186c Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 AFG

  • BVerfG, 20.05.1997 - 2 BvH 1/95

    Antrag auf Erstattung notwendiger Auslagen für das Landesorganstreitverfahren

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 27.10.2017 - VGH N 2/15

    Kosten- und Vollstreckungsrecht

  • BVerfG, 12.10.1951 - 1 BvR 201/51

    Anforderungen an die Rechtswegerschöpfung i.S. von § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 23.01.2018 - VGH O 17/17

    Verteilung der Ausschusssitze nach d´Hondtschem Höchstzahlverfahren unter

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 11.10.2010 - VGH O 24/10

    Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit der Verwendung von

  • OVG Schleswig-Holstein, 22.07.2020 - 4 O 25/20

    Durchsuchung einer Wohnung nach § 58 Abs. 4 bis 10 AufenthG

  • VerfG Brandenburg, 20.06.1996 - VfGBbg 14/96

    Ablehnung des Erlasses einer eA eines Landtagsabgeordneten, die Ausübung seiner

  • VG Neustadt, 19.12.2023 - 3 L 1130/23

    Ausschluss aus der AfD-Fraktion des Bezirkstags im Bezirksverband Pfalz; Vielzahl

    2) Nach den vorstehenden Ausführungen verändert die Möglichkeit, eine Fraktion zu bilden und in ihr mitzuarbeiten, die Wirkungsmöglichkeiten des einzelnen Abgeordneten nicht unerheblich (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020 - VGH O 52/20 ), was als Grundlage der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren genügt.

    An der grundsätzlichen Berechtigung einer Fraktion, eines ihrer Mitglieder gegen dessen Willen auszuschließen, bestehen keine Zweifel (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

    Zudem steht die Entscheidung über den Verlust der Fraktionszugehörigkeit nicht im Belieben der Fraktion (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

    Die Prüfung eines "wichtigen Grundes" ist auf eine Willkürkontrolle zu beschränken (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O., dort auch zur Zulässigkeit einer "Gesamtschau").

    Es kommt dabei nicht darauf an, ob die vom Ausschluss betroffene Antragstellerin der Fraktion bewusst und gezielt geschadet hat; die Schuldfrage ist daher irrelevant (ebenso: VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

    Mit dem Anschluss an eine Fraktion geht der Mandatsträger eine politische Abstimmungs- und Kooperationsverpflichtung ein, der er sich als Mitglied der Fraktion nicht einseitig entziehen kann (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O., dort zum Ausschluss aus einer Landtagsfraktion).

    Dies gilt umso mehr, als bei der Einschätzung der Auswirkungen von Verhaltensweisen eines Mandatsträgers auf die Gremienarbeit und der Beurteilung, ob ein Vertrauensverhältnis derart nachhaltig gestört ist, dass eine Zusammenarbeit in der Fraktion nicht mehr zumutbar erscheint, auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke eine nicht unerhebliche Rolle spielen (so zum Ausschluss aus einer Landtagsfraktion: VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

    Als freiwilliger Zusammenschluss von Abgeordneten genießt die Fraktion die Autonomie eines solchen Verbundes, die auch die "Personalhoheit" als "gebündelte Wahrnehmung der Assoziationsfreiheit der einzelnen Abgeordneten" umfasst; die Fraktionsautonomie beansprucht nicht nur gegenüber Dritten Geltung, sondern ist als "innere Fraktionsautonomie" auch innerhalb der Fraktion selbst zu beachten; für insgesamt stark wertungsgebundene Einschätzungen sind allein die Fraktionsmitglieder zuständig; eine gerichtliche Kontrolle der Ausschlussentscheidung der Fraktion hat daher die fraktionseigenen Wertungen zu achten und ihr einen erheblichen Entscheidungsspielraum zu belassen (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O. und Beschluss vom 5.11.2018, a.a.O.).

    Liegt somit - wie hier - nach den im Eilverfahren zu gewinnenden Erkenntnissen ein wichtiger Grund für den Fraktionsausschluss vor, der geeignet war, die notwendige Vertrauensgrundlage zu zerstören, so sind Verhältnismäßigkeitserwägungen - etwa in dem Sinne, ob zunächst eine Art Abmahnung zu ergehen habe - nicht mehr angezeigt (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.; OVG RP, Beschluss vom 19.3.1993, a.a.O.).

    Auch die politische Opportunität der getroffenen Maßnahme ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie der Fraktion daher nicht zu prüfen (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

    Denn inwieweit ein Verhalten in der Gesamtschau das für eine wirkungsvolle Fraktionsarbeit erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört hat, kann ausschließlich an politischen und sonstigen innerfraktionellen Maßstäben gemessen werden (VGH RP, Urteil vom 30.10.2020, a.a.O.).

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 14.05.2021 - VGH O 23/21

    Erfolglose Organklage der AfD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz ua gegen die

    In Betracht kommt insoweit eine Überschreitung der Grenzen des Hausrechts aus Art. 85 Abs. 3 Satz 4 LV durch den Landtagspräsidenten und eine damit einhergehende Verletzung der Garantie der Wirkungsmöglichkeiten der (Oppositions-)Fraktion im Landtag (Art. 85a Abs. 2 und Art. 85b Abs. 2 LV; vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 19. August 2002 - VGH O 3/02 -, AS 29, 362 [366]; Urteil vom 11. Oktober 2010 - VGH O 24/10 -, AS 38, 322 [326]; Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [173]), der Fraktionsautonomie im Hinblick auf die (Sach-)Mittelverwendung (Art. 79 Abs. 2 i.V.m. Art. 85a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3; vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86]; vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; Urteil vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -, AS 47, 427 [448]) und die Fraktionsgleichheit (Art. 79 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 85a Abs. 2 Satz 1 LV; vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [172 f.]).

    Dieses Recht ergibt sich aus der Garantie der Wirkungsmöglichkeiten der (Oppositions-)Fraktionen im Landtag (Art. 85a Abs. 2 und Art. 85b Abs. 2 LV; vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 19. August 2002 - VGH O 3/02 -, AS 29, 362 [366]; Urteil vom 11. Oktober 2010 - VGH O 24/10 -, AS 38, 322 [326]; Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [173]), der Fraktionsautonomie im Hinblick auf die (Sach-)Mittelverwendung (Art. 79 Abs. 2 i.V.m. Art. 85a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3; vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1 [31 Rn. 86]; vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 29. Januar 2019 - VGH O 18/18 -, AS 46, 425 [442]; Urteil vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -, AS 47, 427 [448]) und der Fraktionsgleichheit (Art. 79 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 85a Abs. 2 Satz 1 LV; vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 23. Januar 2018 - VGH O 17/17 -, AS 46, 166 [172 f.]) und steht in einem Spannungsverhältnis zum Hausrecht des Landtagspräsidenten aus Art. 85 Abs. 3 Satz 4 LV (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 2020 - 2 BvE 2/19 -, NVwZ 2020, 1102 [1103]; Friehe, DÖV 2021, 213 [215]).

    Gründe für die Anordnung der vollen oder teilweisen Erstattung der Auslagen gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG, die im Organstreitverfahren nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -, AS 47, 427 [469]; vgl. entspr. auch BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 [166 f.]; Beschluss vom 20. Mai 1997 - 2 BvH 1/95 -, BVerfGE 96, 66 [67]; Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 2 BvE 1/18 -, BVerfGE 150, 194 [203 Rn. 29]), liegen wechselseitig nicht vor.

  • VG Hannover, 07.02.2024 - 1 B 5718/23

    Fraktionsausschluss; Rat der Stadt Hannover; strafrechtliche Ermittlungen;

    Angesichts der ausführlichen Beschlussvorlage, der Diskussion in der Fraktionssitzung und deren Protokollierung war nach Ansicht des Gerichts eine weitergehende schriftliche Begründung des Fraktionsausschlusses nicht notwendig (vgl. zu den Begründungsanforderungen: RhPfVerfGH, Urt. v. 30.10.2020 - VGH O 52/20 - juris Rn. 64 f.; BayVGH, Beschl. v. 10.04.2018 - 4 CE 17.2450 -, juris Rn. 31).

    Das ist der Fall, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für den Ausschluss nicht gegeben ist, sondern evident sachfremd entschieden wird (RhPfVerfGH, Urt. v. 30.10.2020 - VGH O 52/20 - juris Rn. 50 f.).

    In diesem Sinne ist angesichts der nicht zu beanstandenden Annahme, den Fraktionsmitgliedern könne die weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller wegen des zerstörten Vertrauensverhältnisses nicht mehr zugemutet werden, kein Raum für die Prüfung eines milderen Mittels (RhPfVerfGH, Urt. v. 30.10.2020 - VGH O 52/20 - juris Rn. 92; Lenz, NVwZ 2005, 364, 369).

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 15.06.2023 - VGH N 32/21

    Antrag im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle bzgl einer

    Gründe für die Anordnung der vollen oder teilweisen Erstattung der Auslagen der Antragstellerin gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG liegen nicht vor (zum Organstreitverfahren VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -?, AS 47, 427 [469]; vgl. entspr. auch BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -?, BVerfGE 44, 125 [166 f.]; Beschluss vom 20. Mai 1997 - 2 BvH 1/95 -, BVerfGE 96, 66 [67]; Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 2 BvE 1/18 -, BVerfGE 150, 194 [203 Rn. 29]).
  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 01.04.2022 - VGH O 20/21

    Erfolgloser Antrag im Organstreitverfahren bzgl der Beantwortung einer an die

    Gründe für die Anordnung der vollen oder teilweisen Erstattung der Auslagen, die im Organstreitverfahren nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -, AS 47, 427 [469] m.w.N.), liegen nicht vor.
  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 14.05.2021 - VGH O 24/21

    Unzulässige Organklage gegen die Untersagung, die Anschrift des

    Gründe für die Anordnung der vollen oder teilweisen Erstattung der Auslagen gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG, die im Organstreitverfahren nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2020 - VGH O 52/20 -, AS 47, 427 [469]; vgl. entspr. auch BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 [166 f.]; Beschluss vom 20. Mai 1997 - 2 BvH 1/95 -, BVerfGE 96, 66 [67]; Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 2 BvE 1/18 -, BVerfGE 150, 194 [203 Rn. 29]), liegen wechselseitig nicht vor.
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